Studienzeit - Bulli´s Hompage 2015

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Die Zeit der 68er...
Ingenieurstudenten tun sich schwer mit standes- und gesellschaftpolitischen Demontrationen.
Beides musste ich erleben. Auftriite der APO mit Rudi Dutschke in der Aula, sowie Demontrationen
um die römischen Verträge zur richtigen Anerkennung der FH Abschlüsse. Ich hatte das Pech
gerade in der Abschlußprüfung zu sitzen, als Erst- und Zweitsemester mit einer Demo durch die
Prüfungsräume zogen. Ein Semester verloren, und Wiederholung der Prüfungen nach einem
Streiksemester. Auf den Streikdemos im Sommer 69 wollten viele nur "ihren" Abschluss, und
wenn der Abbruch des Streiks drohte, kam oft der Satz: Bei so einem schönen Wetter geht
man lieber ins Grugabad... Wir waren eben das 68ger Auslaufmodell.

Wer studieren will braucht starke Nerven --- viele halten nicht durch---.
Im 1. Semester bekam man sofort die Härte des Ausleseverfahrens zu spüren. Anders als 4 Jahre später nach der FH-Reform, wurde noch im Klassenverband studiert, und die Dozenten waren noch Bauräte, die später zu Professoren ernannt wurden.
Mit einem dieser Herren hatte auch ich anfangs meine Schwierigkeiten. Er gab Mechanik und Konstruktionslehre und war als rücksichtslos bekannt. Seine Klausuren konnte keiner in Gänze schaffen. Bei seinem Antritt schaute er erst prüfend in die Menge der Studenten und meinte dann ironisch: „30% von ihnen schieße ich alleine ab“. In den oberen Semestern machte er unangekündigte „Stehgreifklausuren“ mit der Begründung: Im Beruf später kann man ja auch nicht vorher lernen. Und das lief dann so ab: Er erzählte zur Auflockerung  einen Witz aus der Technik z.B.: Warum ein Tandem besser den Berg rauf kommt als ein Einzelfahrrad (Begründung der Hintermann kann ja schon mal den Rücktritt halten, den wird die Hangabtriebskraft ausgeschlossen). Dann kündigte er plötzlich eine (einfache!) Stehgreifklausur an: Wer nicht mitschreiben will, verlässt den Raum. Die anderen bekommen das bewertet, was geliefert wird. Alle verließen den Raum, außer 5 Mann, die sitzen blieben. Ich hatte den Braten gerochen und gehörte zu denen die sitzen blieben. Er lachte ironisch nachdem der Rest den Hörsaal verlassen hatte. Die Aufgaben waren einfach und für mich nach 15 Minuten erledigt. Anschließend gingen wir grinsend zu den Anderen in die Mensa, die uns sofort mit fragenden Gesichtern empfangen hatten. 3 Wochen später das gleiche Spiel. Jetzt wollten sich alle auch so einen leichten Leistungsnachweis holen und blieben sitzen. Ich wusste was kam und sprang sofort auf. Nach 5 Minuten kam der Rest des Semesters aufgeregt in die Mensa gelaufen. Keiner hatte was zu Papier gebracht --5 oder 6 Loch--. Das Ergebnis war: Mehrere  hatten für Mechanik am Ende des Semesters  keine Scheine bekommen und mussten wiederholen. In den folgenden Vorlesungen stand er da und beklagte sich, dass niemand bei ihm einen Hauptentwurf machen wollte (jeder Ingenieurstudent musste zwei davon  machen), obwohl er schon Jahre an der FH war. „Ich mache es ihnen doch ganz einfach“, sagte er in einem ironischen Unterton: „Sie dürfen sich sogar was aussuchen“. Ich meldete mich mit dem Angebot ein Turmuhrengetriebe zu konstruieren. Er war einverstanden, und ich machte einen Vorentwurf, den er grinsend kommentierte. „Das Getriebe darf aber nur 3 Wellen haben, fügte er grinsend hinzu“. Die Sommerferien habe ich mit Rechnen und Zeichnen verbracht, und bei Schwierigkeiten hat er mir auch, wie versprochen, geholfen. Als Belohnung  habe ich die Sache mit –sehr gut--abschließen können, was von meinen Kommilitonen keiner unter diesen Umständen verstehen konnte.
Fazit:
Die Studenten haben die FH besucht um was für den späteren Beruf zu lernen, sind aber auch in einem harten z.T. unfairen Ausleseverfahren gelandet, was viele zu Studienabbrechern gemacht hat.
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Hier wäre eigentlich die Story zu Ende, aber 10 Jahre später kam ein Ingenieur Kollege bei Bayer aufgeregt in mein Büro, mit einer merkwürdigen Frage: „Sie waren doch in Essen auf der FH. Haben sie da bei einem Prof. Klein Mechanik gehabt, und haben sie noch zufällig ihre Kollegs und die Klausuren davon?“  Bei dieser Frage lief mir ein Grinsen übers Gesicht. Natürlich hatte ich, und gab ihm danach die Aufzeichnungen. Seine Tochter studierte auch hier, und kämpfte verzweifelt mit den gleichen Schwierigkeiten die wir alle hatten.

Ingenieure im Umgang mit Kunst und Kultur
Zum Studienbeginn hatte ich eine Freundin, die am Wuppertaler Tanztheater tätig war und mich mit in ihre Szene schleppte. Menschen die sich mit Technik beschäftigten, waren nach deren Erfahrung kulturlos und leicht spießig. Zum Studienplan der FH konnten auch Fächer wie Kunstphilosophie und Religionsphilosophie hinzu gewählt werden, um den Horizont des Ingenieurs zu erweitern. Schnell saß ich dann bei Prof Lampe von der Folkwangschule in Essen vor Bildern von Malern des 20. Jahhunderts und liess mir 6 Semester lang die Grundzüge der Malerei erklären. Der andere Bildungsgang war die Religionsphilosophie bei einem Lehrbeauftragten des Bistums Essen. Hier lag der Schwerpunkt der Betrachtungen im Beziehungsbereich Mann/Frau. Naja. Die 6 Semester waren um, und man musste sich für eine Abschlußarbeit entscheiden. Da man sich mit 24 Jahren im letzteren Bereich durch häufigeres Üben kompetenter fühlte, habe ich mich für die Religionsphilosophie entschieden. Auch dachte ich, die Dame aus der aktuellen Beziehung (Bild4) hätte als frisch gebackene Abiturientin bei dem Thema: „Ehe auf Zeit“ mir hilfreich zur Seite stehen können. Da nach langen Diskussionen das Thema nicht greifbar wurde, haben wir uns entschlossen, bei örtlichen Kirchenvertretern, die sich mit Brautunterricht beschäftigten, fachlichen Rat zu holen. Offensichtlich dachte der Kirchenvertreter mehr an Sexualkundeunterricht, aber damit hätte ich das Thema verfehlt. Zum Schluss musste ich dann meine Arbeit doch alleine schreiben. Der Lehrbeauftragte hat kurz darauf die Kirche verlassen und geheiratet. Ich hoffe, meine Arbeit hatte nichts damit zu tun.

An ein weiteres Studium habe ich keinen Augenblick gedacht, galt doch bei uns die Meinung:
Man kann sich nicht reich studieren, beruflicher Erfolg kommt aus der Persönlichkeit, und dem
Einsatz im Beruf und nicht aus Titeln.

Die WAZ berichtete:
Aus der WAZ vom 5. Februar 1968: Die Aula der Maschinenbauschule am Viehofer Platz ist überfüllt, als Rudi Dutschke auf seiner Ruhrgebiets-Tour auch in Essen Station macht.
Vor 1500 zumeist jungen Zuhörern spricht der Wortführer der Studentenbewegung über „Autoritäre Strukturen in Gesellschaft und Wirtschaft“.
Im Fadenkreuz seiner Kritik stehen vor allem die Gewerkschaften und die SPD. „Die SPD hat historisch versagt".


 
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