BAYER NV Antwerpen - Bulli´s Hompage 2015

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Nicht nur bei Flughäfen und Philharmonieen gibt es Planungspannen, dass passiert
auch bei Bayer. Eine Kunstoffanlage bei der BAYER NV in Antwerpen sollte zwei
Produktionsstraßen bekommen. Bei der Fertigstellung der 1. Straße konnte man
wegen Planungsfehlern im Prozessleitbereich monatelang nicht anfahren.
Der finanzielle Verlust betrug 1000000,- DM /Woche. Man hatte die 2. Straße
schon in der Planung, und musste dringend einen Personalwechsel in der
Führungsmannschaft vornehmen. Man suchte einen Praktiker, dem man vertraute.
Auf keinen Fall durfte das nochmal passieren. In Abteilungskreisen hatte ich den
Namen "Bulli", ein zarter Hinweis auf meinen Führungsstil bei Projekten. Die
hatte ich ja zahlreich, aber nicht in dieser Größe, schon gemacht.
Man stattete mich mit einem Millionen-Prokura aus, und ließ mir bei der
Personalauswahl freie Hand. Ich hatte keinen Chef mehr, denn das wollte bei
diesem Risiko auch keiner mehr sein. Der einzige, der mich führte, war mein
Direktor Dr. Erich W. . Ein alter Haudegen im Geschäft für auswärtige Anlagen.
Er war der Einzige dem man nach der Pleite der Straße 1 in Antwerpen noch vertraute.
Man wurde im Projektverlauf täglich heiß und kalt gebadet. Mal fehlten Teile, mal
gingen beim Anfahren 12 Umrichter kaputt, um nur einiges zu erzählen.
Beim Anfahren des 1200 kW Extruders wurde auf Grund der auftretenden Fehler
eine Woche nur abwechselnd 3Std/Tag geschlafen. Wir waren fertig. Fertig war
auch die Anlage. 3Monate vor dem vorgesehenen Fertigstellungstermin!!!
Und noch 4Mio Geld in der Kasse.
Eine Sensation. Der Vorstand und die Spartenleitung KU haben das Team
schriftlich belobigt.
Ein Schreiben, das mir später noch oft geholfen hat ;-)
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Wie man sich irren kann....
Die Siloanlage (Bild 28) sollte eine computergesteuerte Produktflußsteuerung erhalten. Der von meinen Ratgebern empfohlene Etat für die Software dazu belief sich auf 1.2Mio DM, was ich dann auch zu Verfügung hatte. Einen Testrechner mit Versuchsumfeld hatten wir uns auf der Baustelle eingerichtet, und die Funktionen waren in einem Lastenheft mit den Betreibern abgesprochen. Mit den normalen Funktionsmodulen für die Prozessleittechnik sind diese Steuerungsabläufe nicht zu händeln, da muss schon in die tieferliegende Programmiersprache eingegriffen werden. Nur wer sollte das machen? Meine Computer-Fachkollegen aus Antwerpen, die solche Leute aus dem Benelux Bereich kannten, wollten mir im direkten Gespräch nicht helfen, so nach dem Motto: Soll doch der Deutsche mal so richtig auf die Schnauze fallen, der hat ja eh schon genug Erfolge gehabt. Bei einer wöchentlichen Besprechung mit der dortigen Fachabteilung platzte mir dann der Kragen, und die Sitzung artete in Turbolenz aus. Der zuständige Fachbereichsleiter kommentierte sichtlich erregt: Ich wollte ihnen immer mal raten auf den Tisch zu hauen, aber das habe ich ihnen nicht zugetraut. Naja, man wurde gesprächsbereit und nannte eine Firma in Breda, die einen Mitarbeiter aus dem Softwareteam der Englischen Computerfirma hatte. Kurz darauf erschien dieser "Softi" auf der Baustelle zum Probearbeiten. 28 Jahre, Nickelbrille zerrissene Jeans, Typ: Penner. Nachts träumte ich davon, er würde in Amsterdam unter einer Brücke Rotwein trinken oder haschen. Obwohl die Probearbeiten auf dem Testrechner sehr gut waren, musste ich immer an die 1,2Mio denken, den Termindruck und was passieren würde, wenn die Sache danebenginge. Ich malte mir schon die Kommentare der Direktoren auf den Kontrollsitzungen aus: "Wir können nicht liefern,... die Folgekosten". Dann wollte er auch noch ohne unsere Beobachtung in Breda arbeiten. Im Teamgespräch mit der Gesamtprojektleitung wurde die Firma zu einem Festpreisvergabegespräch eingeladen. Stundenlang wurde verhandelt, Ergebnis 350 TDM, eigentlich für die Firma zu wenig. Zu mindestens das war beruhigend. Danach haben wir ihn in unser Team mit der gewohnten Herzlichkeit eingebunden und ihm Vertrauen geschenkt, das er bis zum Schluss nicht enttäuscht hat. Er kam zur Inbetriebnahme mit der fertigen Software, spielte sie ein, und bis alles lief, schlief er auf einem Feldbett in der Anlage. Für mich ein Lehrstück, dass nicht immer Kleider Leute machen, und der erste Eindruck nicht immer richtig sein muss.


Mein Abschied aus Antwerpen
Die Anlage war bestimmungsgemäß fertig und der Direktor für den technischen Bereich kam noch mal an meinem Containerbüro vorbei, um sich von mir persönlich zu verabschieden. Er lobte das Wuppertaler Werk unter dem ihm gut bekannten Werksleiter K. Nö., und für die Bereitschaft in schwierigen Zeiten schnell und unproblematisch, auch personell, zu helfen. Meine dienstlichen Sachen waren schon voraus in einem Werksfahrzeug nach Wuppertal geschafft worden. Meine persönlichen Sachen hatte ich in meinen Audi verstaut und wollte die vertraute Reise nach Hause antreten. An der Werksschranke wurde ich aufgehalten und durfte nicht rausfahren. Was war passiert? Ich sollte sofort zum Makrolonbetrieb fahren und mich bei der Werkleitung melden. Dort angekommen saß mir die komplette Führungsmannschaft in ihren weißen Kitteln, grinsen in einem Besprechungszimmer gegenüber. Mehrere Ordner lagen auf dem Tisch mit der Aufschrift "Sicherheitsbetrachtung" (natürlich in Niederländisch). Diese Verantwortung tragen wir nur gemeinsam meinte der Werksleiter Dr.V.. Meine Erinnerungen an die Ereignisse bei der Kupferhütte wurden wach.

 
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