Betriebsleiterzeit - Bulli´s Hompage 2015

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Einmal Betriebsleiter und zurück……
1995 musste ich mich unerwartet mit Betriebsleiterseminaren beschäftigen, ohne dass man mir gesagt hatte, warum man das machte. So saß ich dann mit jungen Chemikern, alle Berufsanfänger, monatelang in Spezial Seminaren und lernte die rechtliche und personelle Seite der Betriebsleitung kennen.
Schnell hatte man mir kurz darauf bei meinem Stellenantritt gesagt, dass man als wichtiges Ziel die Software für einen neuen Batchrekord erstellen wollte. Wer schon mal eine Pillenschachtel genau betrachtet hat, findet auf dieser eine kleingedruckte Nummer, die auf ein Dokument für die Herstellungsüberwachung verweist. Die Anlagen waren schon von der Prozessführung hoch digital aufgerüstet, aber das Arztneimittelrecht verlangt eine erweiterte pharmazeutische Dokumentation über den Herstellungsprozess. Hier gilt: Eine nicht durchgängige schriftliche Produktüberwachung macht das Produkt unbrauchbar. Eine chemische Abschlußanalyse gilt nicht für einen Qualitätsnachweis. Die Herstellung wurde bislang vom Bedienpersonal überwacht und schriftlich aufgezeichnet. Auch dieser Prozess, mit hohem personellen Aufwand, lässt sich in das schon vorhandene Automatisierungskonzept integrieren, würde man ein neues Stück Hardware hinzufügen und mit einer neuen Software ergänzen. Man hatte ausgerechnet, dass 4 Mann eingespart werden könnten. Über 2 Jahre hochgerechnet würde man einen Kostenaufwand von 4 Mio. DM/Jahr sparen. Diese einfache Überlegung hatte man so dem Vorstand vorgelegt und sich „absegnen“ lassen.
Als Erstes wollte man die kleine Software Lösung  mit Fachpersonal aus eigenen Reihen der Bayerinformatiker versuchen. Aber nach vielen Sitzungen stellte sich heraus, dass Lasten- und Pflichtenhefte fehlten, und keiner sich an eine Verantwortungsübernahme für die Problemlösung unter diesen Bedingungen bereit erklärte. Als das Projekt zu scheitern drohte, suchte man einen erfahrenen Projektleiter, der die Sache mit Fremdfirmen durch Vergabe „Von außen“ lösen sollte. Man hatte mich schon im Vorfeld im Auge auf Grund der bekannten Projekterfahrung im In- und Ausland. Wie immer bei Projekten üblich, stellt die Firma die Aufgaben, und der Verantwortliche nennt Kosten und Termine, die dann möglich sind. In diesem Fall wollte man es aber anders: Man hatte selbst schon die Kosten im Vorstand benannt und suchte jemanden der das dafür machen sollte, und mit seinem Namen und Stellung im Betrieb dafür in die Verantwortung genommen werden konnte, falls was schief ginge.
In Beratungsgesprächen mit unseren Informatikern kam aber heraus, dass es wahrscheinlich keine Lösung unter 20Mio DM gäbe, da das Problem hauptsächlich an den 3 zu koppelnden Prozessrechnern, und der neu zu schreibenden Software läge. Um mein Glaubwürdigkeit zu untermauern, habe ich einen Beratervertrag mit der Computerfirma HP abgeschlossen, der aber leider die Aussage unserer Informatiker untermauerte.
Obwohl alle verantwortlichen Ingenieure die Produktion gewarnt haben, wollte man nicht von dieser Sache ablassen. Zum Selbstschutz, und aus der Erfahrung mit ähnlich gelagerten Fällen in der Vergangenheit, bin ich dann aus diesem Bereich  raus gegangen und habe wieder verfahrenstechnische Projekte geleitet.
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Aber unvergessen sind auch die Alltagsaufgaben die entstehen im täglichen Ablauf eines 3-Schicht Betriebes mit einer so hohen Verantwortung für die Leute in der Produktion. Am Eingang des Betriebes stand ein Schild mit meinem Namen als Verantwortlicher. Wusste ich doch was geschieht, wenn ein Unglück passiert wäre. Schwierige Situationen entstanden immer, wenn durch Reparaturen und besondere Maßnahmen die automatischen Sicherungen außer Betrieb genommen werden mussten. Dann war immer die Führungsmannschaft direkt in der Verantwortung. Ein Fall ist mir noch gut im Gedächtnis: Ein Tanklastzug aus Belgien mit Heißprodukt, das nur warm pumpfähig war, sollte nachts entladen werden. Der Fahrer hatte nicht die richtigen Endladevorrichtung dabei, obwohl  jeder Spediteur das vorher unterschreiben musste, da, sonst unsere Endladesicherungen nicht funktionierten und das Produkt in falsche Tanks gepumpt werden konnte. Nun saß er heulend in der Meßwarte und sah seinen eigenen Tanklastzug durch fest werdende Ladung in Gefahr. Unsere Leute hatten Mitleid mit dem Fahrer und baten mich noch in der Nacht sofort raus zu kommen, und die elektrischen Sicherungen zu überbrücken. Als er wieder abfahrbereit war, habe ich ihm noch von meinen guten Erinnerungen an meine Zeit, als ich in unseren Betrieben in Belgien gearbeitet hatte, erzählt.



 
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